DIE TANZENDE von Nani Lee

Nani Lee

...ist eine verschwundene junge Frau, nicht mehr da, aus ihrem Leben entflohen und in keinem anderen Leben aufgetaucht. Zumindest nennt sie es selbst „nicht Leben“, nur „Überleben“. Nani Lee ist nicht nur obdachlos, sie fühlt sich selbst „leblos, überflüssig, unecht, keinen Cent wert“. Alles was sie einmal war, ist sie heute nicht mehr. „Ich bin einfach nicht mehr da.“, sagt sie. Doch nicht etwa, weil sie sich innerlich so fühlt, eher, weil niemand ihr das Gefühl gibt, jemand zu sein, da zu sein, am Leben teilzuhaben, überhaupt am Leben zu sein.

„Klar ich lebe, ich atme, ich esse, schlafe und so. Doch eigentlich nehme nur ich mein Ich wahr. Doch bin ich da, wenn mich niemand sieht?“. Sie fragt mich und wartet auf eine Antwort, ich antworte, "Natürlich! Denn ich nehme Dich wahr, die Menschen, die Dich hier, wo Du lebst umgeben, nehmen Dich wahr.

"Nein, hier sieht mich niemand, vor allem nimmt mich niemand wahr. Alle hier überleben den Tag nur, indem sie irgendetwas spritzen oder schlucken. Die sind in einer Parallelwelt. Ich hasse diesen Scheiß.", antwortet Nani.   

Ich schaue mich um und denke nach. Nach einigen Minuten des Schweigens sagt Nani, „Das Ich nimmt der Mensch nur wahr, wenn ein Gegenüber das eigene Selbst wahrnimmt und es spiegelt. Sonst, bist Du einfach nicht da. So ist es bei mir.“ Nani sagt es nicht verzweifelt, eher ganz klar. Sie wirkt nicht schwach, wie diese Worte vielleicht vermuten lassen. Eher stark.
Ich frage mich plötzlich. ob sie überhaupt gesehen werden möchte und frage sie, wer sie sehen darf. Ihre Antwort ist ein langes Lächeln. Sie überlegt und sagt schließlich, „Ich verstecke mich, das stimmt. Ja, ich verstecke mich. Doch nicht vor dem Leben. Ich verstecke mich vor Blicken und Worten, Beurteilungen und dem Werten, ich verstecke mich einfach, damit ich mein Leben leben darf.“

Sie überlegt weiter. „Aber ich bin verschwunden.“, führt sie fort. „Du siehst mich und das ist schön, mehr empfinde ich bei Dir nicht. Du siehst einfach mein Ich. Ich komme aber aus einem Leben, in dem nicht zählte, wer ich bin, nur, wer ich sein soll oder muss. Ich hatte nie die Chance zu entdecken, wer ich bin. Der Plan war vorgegeben, ich musste funktionieren. Das hat mich kaputt gemacht." 

Nani nimmt während des Gesprächs immer wieder einen Pinsel in die Hand, taucht ihn in eine Pfütze und malt Linien über die Betonplatten am Boden. Ich sehe Formen entstehen und erkenne irgendwann mich. „Das sind meine verschwundenen Bilder.“, sagt sie in den Moment hinein, der so viel Gefühl und Tiefe hat, so viel besonderes, dass ich es kaum beschreiben kann. Doch sie möchte nicht, dass ich ihr Bild fotografiere. Das ist nicht der Sinn. „Der Sinn ist…“, beschreibt sie, „…dass es wieder verschwindet. Du wirst es, wie unser Gespräch in Deinen Erinnerungen behalten. Dein Gehirn wird sich alles genau merken, wenn Du es nicht fotografierst. Das fühlt sich ehrlicher für mich an." 

Nanis Linien und ihre Bilder wirken fein und elegant, entgegen ihrem jetzigen Leben, entgegen ihrem Gefühl. "Es ist hängengeblieben. Ich male auch schmutziges, mit dem Dreck der Straße und meinem Pfützenwasser. An manchen Hauswänden sind meine Bilder immer noch zu sehen, das Wasser hat sich in den Putz eingefressen. Das war nicht meine Absicht, aber diese Bilder leben noch. Dir habe eher einfache Linien gezeigt, denn fühle mich gerade so. Einfach. Ich verstelle mich nicht." 

Der Name Nani verleiht ihr eine besondere Stärke. Wie sie wirklich heißt, möchte sie nicht preisgeben, „Ich weiß es selbst nicht mehr.“, sagt sie und, "Mit diesem neuen Namen fühle ich mich auch irgendwie neu, irgendwie in einem anderen Leben." Nani Lee ist ein Pseudonym, das ihr eine neue Identität verleiht, innen wie außen.

„Es funktioniert.“, sagt Nani und weiter, „Ich gebe Dir für Dein Projekt gern eine kleine Arbeit von mir, die ich noch bei mir habe. Du kannst sie dir irgendwo scannen und mir zurückbringen. Es ist eine kleine Zeichnung meiner Schwester, auch nur wenige Linien, so war ich wohl doch schon immer. Heute male nur noch ganz verschwundene Bilder, aber ich habe ein, zwei Erinnerungen behalten. Echte Bilder. Erzähle deinen Leuten aber bitte von meinen verschwundenen Bildern und sage ihnen, sie sollen ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Nicht ein Bild anstarren und ah und oh sagen, sie sollen sich vorstellen wie meine Linien ein Bild ergeben. Das tut viel mehr für ihre Fantasie, als in einem Museum Bilder zu betrachten und wieder zu gehen. 

Nani besteht übrigens darauf keine Künstlerin zu sein, genauso, wie sie darauf besteht verschwunden zu sein, wie ihre Bilder. Trotzdem hat sich über diese Zeilen sehr gefreut. Ich schrieb ihr, sie sei nicht unsichtbar und, dass sie da ist. Ihre Worte und ihre verschwundenen Bilder machen sie sichtbar. 

Die Zeichnung "Die Tanzende" von Nani Lee ist angelegt in 29x42cm - A3 - 400dpi. Einfach drucken, aufhängen, freuen und an Nani denken. 

 

Nur für die private Nutzung freigegeben - siehe AGB. Viel Spaß damit. 

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